Anfahrt zur Fähre ca. 460km |
Ok, Plan für Tag 1 der Nordtour: Bis mittags in der Salz Mine schuften, danach geht’s los. Abends 21.30 Uhr geht in Rostock die Fähre. Den einen gesparter Urlaubstag ist das wert, ich habe ja nur 35 im Jahr.
Das ich in der ersten Hälfte vom Tag gedanklich nicht
mehr wirklich bei der Arbeit bin merke ich als ich debil grinsend über den Gang
laufe und meine Kollegin mir entgegen kommt und mich lachend fragt wieviel
Minuten ich denn noch arbeiten muss….
Die Fertigung hat wiedermal Probleme, mit dem Teil 4711
gibt es Schwierigkeiten – Arschlecken, macht den Scheiß alleine weiter! Für die
nächsten drei Wochen bin ich raus aus der Nummer!
2..3 Stunden noch,
und dann fahre ich ans nördliche Ende der Welt… Interessant was ihr hier macht und
welche Probleme ihr habt, aber bei mir gehts heute kurz nach 15 Uhr los mit der
langersehnten Norge-Tour. Und der Rest (also ab jetzt eurer nicht mein
Alltag) ist mir – mit Verlaub
-scheißegal! Macht mal euer Zeug, ich bin dann mal weg!
Fertig zur Abfahrt, bepackte KTM mit Sitzbank hinten drauf |
Norwegen 2012 - Auffahrt zum Folgefonna Gletscher |
Norwegen 2012 - Ich auf der Trolltunga, hier geht es 600m abwärts! |
2013 klappt es dann mit der lang ersehnte Schottlandtour.
Drei Kumpels kamen mit und es wurde mit leichten Anlaufschwierigkeiten Link die
bis dahin beste Motorradtour meines Lebens, einfach klasse! Im folgenden Herbst
und Winter fragt man sich dann wie man die erlebte Schottlandtour toppen kann.
Was kommt als nächstes und was ist größer, besser, geiler… Was ist besser als die
Isle of Skyes, oder John O Gro, der nördlichste Punkt vom United Kingdom?
Die Urlaubstour vom letzten Jahr kam wieder hoch, die
Sehnsucht zum Fjord, es gab doch da ein recht populäres Ziel weit im Norden von
Norwegen… Der graue kalte nasse Winter schritt voran und mit der Zeit und mit
dem Lesen einiger Reiseberichte Link verfestigte sich langsam aber
sicher das Ziel für 20–14, Nordkap mit dem Motorrad! Googel Maps wurde gequält,
Fährverbindungen wurde gecheckt, die besten Routen wurden eruiert…alles für
meinen Singeltrip zum Nordkap.
Eine endlos lange Reise durch Skandinavien, zu einem
Felsen der nicht mal der nördlichste Punkt vom europäischen Festland ist …. Ich
brauche nicht mal zu fragen ob jemand mitkommt! Als Termin kristallisierte sich dann die
Sommersonnenwende im Juni Link
heraus. Da waren die Tage maximal lang
und es war die beste Reisezeit.
Als ich dann in einem Nebensatz beim Skypen mit Marc
erwähnte dass ich im Juni zum Nordkap fahren will kam plötzlich ein
überraschender Einwand: Der Termin passt nicht, da hat seine Kurze noch keine
Ferien und kann nicht an Oma verkauft werden. Wir müssen das Ende Juli machen,
dann wäre die Tour kein Problem. Ich hatte mich schon auf eine lonesome Rider
Tour ala Svenja eingestellt, das Marc jetzt mitkommen wollte war eine völlig
unerwarteter, aber sehr positive Überraschung für mich. Am Anfang war ich noch
sehr skeptisch, der Schippe verarscht mich wiedermal. Aber die Planung wurde
immer konkreter – das könnte wirklich was werden!
Durch die Probleme der Schottlandtour alarmiert fragte
ich mich, ob eine so lange Tour und mein weiteres Kradfahrerleben mit der MZ zu
bewältigen ist. Ich wollte in Zukunft viele Länder Europas bereisen und jedes
Jahr eine „Fernreise“ unternehmen. Die völlig fehlende Unterstützung der
MZ-Motorbikes auf solchen Fernreisen wurde
mir bewusst. Die einzige Hilfe im nicht unwahrscheinlichen Pannenfall bestand
beim ADAC im Heimbringe Service. Also: Reparieren können wir nicht, aber wir
bringen dich (per Flieger) und dein Mopped (per Tieflader) nach Hause. Im Jahr
2013 haben wir erlebt das es funktioniert, aber als Vorbild möchte ich so etwas
nicht haben! Andere Mütter haben auch
schöne Töchter und die angesparte Kohle muss eh zurück in den
Wirtschaftskreislauf, also sah ich mal um was es für andere Motorräder gibt.
Mit der auch noch vorhandenen Fireblade möchte ich die Monstertor nicht machen,
und der Trend geht eh zum Drittmoped. Die LC8 von KTM fand ich schon immer
interessant, der Rest ist Geschichte.
Die Tante Käthe Link wurde gekauft und über einige
Stolpersteine hinweg für die Tour bereitgemacht.
Lange Rede und wie üblich keinen großen Sinn: - am 28.
Juli fuhr ich mit dem Auto kurz nach 12 die 15 Minuten von der Salz Mine nach
Hause, wo die vollgepackte, aufgerödelte und nach Abenteuer lechzende KTM auf
mich wartete. Zuhause angekommen schnell die Büroklamotten inklusive dem öden grauen Alltag abgeworfen und in mein
eigentliches Leben in Form der bereitliegenden Motorradkombi geschlüpft.
Die 90 Minuten Autobahn
waren rasch erledigt, ich traf in Wittenberg ein und stellte meine
aufgerödelte KTM neben Marcs aufgerödelte, ebenfalls nach Abenteuer lechzender
MZ ab. Marc, der Gute, hatte T-Shirt für
die Tour anfertigen lassen. Dadurch weiß jeder wo wir hin wollen – in
Norwegisch nach dem Weg fragen müssen wir also nicht.… Er machte sich fertig
und zog sich sein Zeug an. Ich trank ein Glas Wasser und wischte mir den
Schweiß von der Stirn. Die Temperatur lag irgendwo über 30°C. Da ich auf dermontierten
neuen KTM-Zubehör-Sitzbank wunderbar saß wanderte die originale Sitzbank vom
Heck meines Mopeds in Marcs Keller. Der Kauf des Zubehörteiles war eine der
sinnvolleren Investition gewesen.
Marc war fertig, der Startschuss fiel und die erste
Etappe gen Rostocker Hafen ging los. Destruktive Gedanken durchzogen mein Hirn,
würde die MZ und die KTM die lange Strecke meistern… das letzte Jahr in
Schottland (MZ) und das chaotische Frühjahr
(KTM) sorgten bei uns nicht gerade für ein todsicheres Selbstvertrauen ins doch
so wichtige Material…
Marcs bepackte MZ |
Aber der alte Spruch stimmt, „If the flaggs drop the
bullshit stopps“… wir fuhren aus Wittenberg in Richtung Norden und die
unsicheren Gedanken verschwanden. Jetzt gehts los und egal was passiert – wir
werden schon irgendwie wieder zuhause ankommen. Ob mit oder ohne Moped- „Leben
ist das was passiert während du Pläne schmiedest“.
Montagnachmittag, kaum Verkehr auf der Straße, keine
Wolke und die Sonne knallte auf den Planeten. 34° sagte das Thermometer, wir
hatten nur ein Tshirt unter der Motorradjacke, und alle
Belüftungsreißverschlüsse standen weit offen. Solange man fährt ist es zu ertragen.
Nur gut das wir Richtung Norden fahren, es wird bald wesentlich kühler werden
wenn wir erstmal in Schweden sind.
Da meine beladene KTM ab 160 anfängt leicht zu pendeln
hatten wir vorher ausgemacht dass wir unter dieser Geschwindigkeit bleiben. Aber
Marc der alte Heizer fährt mit 180 vorne weg. Typischer Kommunikationsfehler.
Ich meinte Geschwindigkeit vom Tacho, er dachte die (genauere) Navianzeige ist
gemeint….Bis zur nächsten Tankstelle muss ich also die Pobacken
zusammenkneifen. Die hohe Geschwindigkeit bei den heißen Temperaturen ist auch
für die Haltbarkeit der Reifen nicht gut, man sieht dann richtig den
Gummiabrieb an den Flanken…aber ich habe frische Reifen drauf, die halten eine
Weile. Marcs Reifen sind schon ein paar Kilometer gelaufen, aber er wird schon
wissen was er tut.
Über Berlin waren wir fast alleine auf der Bahn, die
Landschaft verwandelte sich in den Typus den man zwischen Berlin und
Ostseeküste gewohnt ist: Plattes Land, Felder und ein paar Kiefernwälder … langweilig,
aber die Vorfreude auf die Fahrt mit der Fähre hielt mich wach.
Irgendwann fuhren wir an einem alten VW-Bus vorbei. Der
Fahrer saß mit nacktem Oberkörper in seinem Bulli, alle Fenster waren auf und er
winkte wie ein verrückter mit seinem linken Arm aus dem Fenster während wir
vorbei donnern. Was sollte das jetzt?
Unsere TomTom-Navis weisen uns den Weg zum Hafen. Kurz
vor der Hafeneinfahrt ist eine größere Tankstelle. Da der Sprit in Schweden
etwas teurer ist tanken wir nochmal voll und kaufen noch ein paar Schokoriegel.
Dann geht es rein in den Hafen, die Fährlinien sind
halbwegs vernünftig ausgeschildert und wir finden rasch das richtige Terminal.
Leider steht schon eine imposante Autoschlange davor. Einfahrt extra für
Motorräder wie bei der Schottlandfähre gibt es hier nicht.
Wir stellen uns also
an der Dosenreihe an. Statt so eine Art Blockabfertigung zu machen wurde nur
immer ein Auto abgefertigt und durch die Schranke gelassen. Daraufhin starteten
die Autos in der über 100 m lange Schlange ihre Motoren, fuhren 5 m vorwärts
und stellten ihre Motoren wieder ab. Und das dutzende Male. Den Blödsinn machte
ich nicht mit, die Käthe ist zwar schwer bepackt, aber alle paar Minuten 5 m
schieben bekomme ich hin. Nach unzähligen Schiebestückchen waren wir am Schalter
angekommen. Bei der Buchung eine Woche vorher hatte alles geklappt, und gegen
den Ausdruck der Buchung bekamen wir unsere Bordkarten und durften durch die
Schranke. Wir sollten der blauen Linie folgen um zu unserem Schiff zu kommen,
diese hörte aber in einem Kreisverkehr plötzlich auf. Also wieder scharf nach
der Beschilderung der Fähre Ausschau halten… da stand was von Trelleborg, also
abgebogen und in der nächsten Autoreihe angestellt. Wir hatten ein ausreichendes Zeitpolster
eingeplant, nicht das wieder eine gelbe Lampe am Moped angeht LINK und wir
deshalb die Fähre verpassen. Dieses
Zeitpolster mussten wir jetzt natürlich absitzen, auf einer riesigen
aufgeheizten Betonfläche und ohne jeden Zeitvertreib. Wenigstens standen wir
direkt neben einer schattenspendenden Rampe.
Die Zeit verstrich quälend langsam, aber eine Stunde
vor Abfahrtszeit kam die Fähre in Sicht,
ein Riesendampfer. Sie legte direkt neben uns an, ein haushohes Stahlungetüm.
Die Spannung in mir stieg an, vor jeder Fährfahrt bin ich aufgeregt und habe
einen Knoten im Magen. Komme ich die rutschige Rampe hoch, finde ich das
richtige Parkdeck, kann ich das Krad vernünftig befestigen, fällt es während
der Überfahrt vielleicht um…
Die Laster und PKWs fahren dröhnend aus dem Bach des Schiffes, und wir warten wann es endlich für uns losgeht. Inzwischen ist die Sonne untergegangen und der Platz wird von starken Scheinwerfern bestrahlt. Die Autos an der Spitze unserer Reihe starten ihre Motoren, wir haben unser Zeug schon längst wieder angezogen und sitzen fertig auf unseren Maschinen. Der schwedische Toyota vor uns fährt los, wir starten auch unsere Triebwerke und unsere Nordkaptour beginnt. Ab jetzt gibt es kein Zurück mehr. Langsam fahren wir an den anderen Fahrzeugreihen entlang.
Den Dosen hinterher geht es die Rampe hoch, jetzt heißt
es Abstand halten damit man nicht auf der steilen Rampe stehen bleiben muss.
Prompt bremsen die Autos vor uns ab, aber ich muss erst oben langsamer
fahren. Im gleisend hellen Schiffsbauch
angekommen tue ich kurz den Fuß runter um zu schauen ob der Boden glatt ist,
aber der Belag ist schön griffig.
Ein Einweiser zeigt mir den Weg nach links an
einer Rampe vorbei, verdammt eng hier unten. Jetzt suche ich den nächsten
Einweiser der uns den Parkbereich für die Motorräder zeigt. Ich fahre aber nur
den leeren Gang entlang und biege am
Ende rechts ab, vielleicht steht ja dort ein Männlein in Warnweste.
Warten auf die Abfertigung |
Ankunft der Fähre |
Die haushohe Schiffswand |
In der Warteschlange |
Obwohl die Fähre da ist müssen wir immer noch warten... |
Die Laster und PKWs fahren dröhnend aus dem Bach des Schiffes, und wir warten wann es endlich für uns losgeht. Inzwischen ist die Sonne untergegangen und der Platz wird von starken Scheinwerfern bestrahlt. Die Autos an der Spitze unserer Reihe starten ihre Motoren, wir haben unser Zeug schon längst wieder angezogen und sitzen fertig auf unseren Maschinen. Der schwedische Toyota vor uns fährt los, wir starten auch unsere Triebwerke und unsere Nordkaptour beginnt. Ab jetzt gibt es kein Zurück mehr. Langsam fahren wir an den anderen Fahrzeugreihen entlang.
Auffahrt aufs Schiff |
Auf dem Fahrzeugdeck |
Tatsächlich kommt dort hinten ein solches Männlein
hektisch winkend angerannt. Gleichzeitig höre ich von hinten Marcs Emme
aufbrüllen. Deppert wie ich bin fuhr auf der Suche nach dem Einweiser an den
Buchten für die Motorräder vorbei. Kein Beinbruch, schöne 180° Wende und zurück
zu der Parkbucht. Die letzte Warnweste hatte wohl an diesem Tag nicht mit
Motorradfahrern gerechnet und stand deshalb irgendwo anders in der Gegend rum.
Und tatsächlich waren wir die einzigen Moppedfahrer auf dem Törn.
Im Boden neben den Motorrädern waren Ösen eingelassen und
an der Wand hingen vernünftige Gurte in ausreichender Anzahl. Das Verzurren war
also kein Problem. Die Motoräder wurden wie gewohnt fest gemacht, ein Spannriemen
über den Sitz und dann zur Sicherheit doch noch je ein Riemen links und rechts
von der Fußraste zum Boden –sicher ist sicher. Inzwischen haben wir darin
Routine entwickelt.
Sorgfältiges Anschlagen der Zweiräder |
Helme und Gepäck blieben am Bock, wir nahmen nur die
Tankrucksäcke mit als wir wie immer leicht skeptisch vom Fahrzeugdeck gingen –
hoffentlich fällen die Kräder im schweren Seegang nicht um.
Wir hatten diesmal keine Kabine gebucht, sie waren recht
teuer und unserer Erfahrung nach unnötig. In mehreren Bereichen der Fähre gab
es viele freie Sitze die nicht gebucht werden mussten. Wir besetzten also 2 Sitzreihen in einem
abgeteilten Bereich. Die Sitze waren ähnlich wie in einem Bus oder Flieger,
klein, nicht groß einstellbar und nach ner halben Stunde furchtbar unbequem.
Tief im Schiffsrumpf war es nicht viel kälter als draußen. Dort waren es immer
noch wohlige 28°und ich schwitze sanft vor mich hin.
Andere Leute hauten sich in mit Decke/Schlafsack in irgendeiner
Ecke auf den Boden, ob das erlaubt war? Auf jeden Fall sah es bequemer aus als
unsere Sitze.
Die Abfahrtszeit rückte näher und bald merkte man ganz sachte
dass wir aus dem Hafen schwammen. Danach
hörte man nur leise die Maschinen dröhnen, ansonsten machte das Schiff
keinerlei Bewegung während der Fahrt. Die Ostsee ist halt doch nur eine große
Pfütze.
Ich wechselte in dem blöden Sitz alle 5 min die Stellung,
mein Nacken und meine Schultern taten weh. So eine Kabine mit richtigem Bett
ist doch was Feines.
Die Musik aus meinem Handy vertrieb ein wenig die Langeweile,
und irgendwann nach 2 Uhr bin ich dann doch weggedämmert.
Ein tolles Abenteuer, der Start zu eurer Nordkap-Tour. Da wurde es mir selbst ein wenig kribblig, als es endlich auf die Fähre ging.
AntwortenLöschenJetzt bin ich schon sehr gespannt, wie es mit eurer großen Tour weitergeht!
Hallo HerBert!
LöschenDanke für dein Kommentar und schön das du dich für unsere Tour interessiert. Diese Tour war 2014 und wir haben es leider nicht geschafft den Bericht zu ende zu führen.
In 2017 steht wieder eine Tour an. Es soll über 10 Länder zum schwarzen Meer gehen. Wenn dich das interessiert findest du ab Mitte Juli mehr dazu auf Kradfahrer.blogspot.de und mz1000sf.blogspot.de Viele Gruße Marc