Mittwoch, 25. Februar 2015

Tag 4 Nordmaling/Umae - Rovaniemi

Nordmaling nach Rovaniemi ca. 570km

Früh ohne Wecker munter werden, anziehen, Kaffee kochen, Frühstücken, Sachen zusammen packen, Pferde satteln, Moppedzeug anziehen und dann losfahren…wir haben unseren Rhythmus gefunden und funktionieren und harmonieren wie ein altes Ehepaar.
Wetter ist leicht durchwachsen, Wolken am Himmel aber ab und zu lugt die Sonne raus. Laut Wetterbericht könnte es heute aber nochmal etwas feucht werden.
Wir fahren durch Nordmaling wieder auf die große Straße in Richtung Norden. Weiter am Bottnischen Meerbusen entlang geht’s es über Umae, Skelleftea und Lulea zur finnischen Grenze. In Finnland wollen wir noch weiter bis nach Rovaniemi. Gestern haben wir uns mehrere Campingplätze rausgesucht die vernünftig aussahen.
Auf Finnland freue ich mich sehr. Norwegen kenne ich ja von der letzten Tour, und Schweden soll so ähnlich wie Norwegen nur ohne Landschaft sein. Aber bei Finnland bin ich neugierig wie das Land so ist. Was ich von Finnland weiß: Wenig Menschen, sehr viel Wald und viele Seen, und Mücken ohne Ende. Und der Finne an sich sieht komisch aus, trinkt Wodka pur und sitzt ständig in der heißen Sauna. 
Aber vor der finnischen Offenbarung müssen wir erst einmal die letzten paar hundert Kilometer schwedische Autobahn hinter uns bringen. Die Landschaft steigert sich langsam, sie wird rauer und etwas interessanter. Gestern sind mir schon viele Pkws mit zusätzlichen Scheinwerfern vorne aufgefallen. Der Trend verstärkt sich heute. Ganz normale Fahrzeuge (Passat, kleine Volvos usw.) haben vorne zwischen den normalen Scheinwerfern zwei, drei oder sogar vier richtig große Zusatzscheinwerfer installiert. Im hellen Sommer sind sie wahrscheinlich nutzlos, aber im dunklen Winter machen sie die Nacht zum Tag.
                                                          nordischer Regen auf der E4

Kurz vor dem Mittag gibt es kurz etwas Nieselregen.  Nach einer regenfreien Stunde wird es dann am Horizont immer dunkler und wir ziehen zur Sicherheit unsere Regenjacken an. Da vorne tobt das schönste Wetterchaos und wir fahren wie üblich volle Kanne rein.  Es wird dunkler um uns herum und ein sanfter Regen setzt ein. Meine neue KTM hat angeblich 6 CPUs integriert, eine davon blendet auch die Lufttemperatur im Cockpit an. Diese Anzeige zeigte jetzt das erste Mal unter 20°C an.  Nach ein paar Minuten geht es dann richtig los, riesengroße Regentropfen prasseln…schlagen in einer noch nie erlebten Intensität auf uns ein. Sie trommeln auf unsere Helme und prasseln auf unseren restlichen Körper – so schlimm haben wir Regen noch nie erlebt. Man spürt jeden einzelnen Tropfen durch die Kombi auf der Haut. Die Sicht ist sehr schlecht und das Wasser steht zentimeterhoch auf der Straße weil es nicht so schnell ablaufen kann wie es runterregnet. Die Autos vor uns kriechen mit 30..40 über die Straße. Wenn es etwas zum Unterstellen da gewesen wäre (Brücke, Vordach, Bushaltestelle…) hätten wir angehalten, aber in der nordschwedischen Einöde gab es nichts dergleichen. Also Pobacken zusammenkneifen und weiterfahren.
Der Platzregen weckte böse Erinnerungen in mir. Letztes Jahr in Schottland standen wir nach einem nicht so schlimmen Regen zwei Tage in James Werkstatt rum und es ging nicht weiter. Ich malte mir schon aus wie es wird wenn Marc plötzlich langsamer wird und den rechten Blinker setzt… Das Gepäck reduzieren und zu zweit auf der KTM die über 1.000 km bis zum Nordkap fahren…? Wäre ja zu peinlich wenn wir es nicht bis zum Ziel schaffen würden.
Aber nach dem Schottland-Desaster hatten wir an den Emmen die Wasserablaufbohrung unter der Elektrik vergrößert und Marc hatte jetzt eine günstigere Gepäcktasche auf dem Heck – vielleicht reichen ja diese Maßnahmen um den zweiten Wasserschaden zu entgehen. Hoffentlich, hoffentlich!
Und wirklich, das Glück war diesmal auf unserer Seite. Wie ein Bienchen (oder eher eine Hummel) trieb der 1000er Motor die MZ Richtung Norden durch den Platzregen voran. Und nach einer halben Stunde erschien vor uns der sprichwörtliche Silberstreif an Horizont. Es wurde heller und der Regen ließ merklich nach und hörte nach ein paar Minuten ganz auf. Puh, das hätten wir überstanden! Beim kurz danach stattfinden Tankstopp baute Marc das Gepäck vom Heck der MZ ab und wir entfernten die Sitze um zu schauen ob Wasser in den kritischen Bereich eingedrungen war. Wo vor einem Jahr noch das Wasser zentimeterhoch stand war jetzt alles staubtrocken. Starker Regen war jetzt also kein Problem mehr für die Emme. Diese große Sorge waren wir also los und es ging entsprechend relaxter weiter Richtung finnische Grenze. Jetzt hält uns nichts mehr auf, Nordkap wir kommen! (Auf Holz klopfend.)
Nordschweden, Postkartenidylle
Nordschweden, Postkartenidylle, andere Perspektive
Bei der nächsten nötigen Tankstelle sahen wir neben der Straße einen kleinen Hafen mit einem schönen Leichtturm. Wir liefen das kleine Stück rüber zum Hafen, so sehr nett aus!

Vollgetankt und bereit für die nächsten 200 Kilometer
Weiter ging es durch die letzten schwedischen Städte. Kalix und Haperanda blieben uns als sehr hübsche Städte in Erinnerung. Direkt hinter dem schwedischen Haperanda  liegt das finnische Tornio. Man fährt durch städtisches Gebiet, plötzlich kommt eine Blechtafel, 2..3 Fahnen und man ist in Finnland. Früher hat eine Landesgrenze viel mehr her gemacht. Wenn ich an den Berlinbesuch als Kind zurück denke, als ich vor dem schwerbewachten Brandenburger Tor stand… Aber gut dass diese Zeiten vorbei sind, den damals stand ich auf der falschen Seite der Grenze.  
Finnische Landstraße, Blick nach links...

Und finnische Landstraße, Blick nach rechts

MZ in Finnland, läuft wie ein Bienchen
Und die KTM spielt auch noch mit

Kurze Pause
 Zurück zu Finnland, die Landschaft veränderte sich als wir vor Keminmaa von der Ostseeküste ins Landesinnere Richtung Rovaniemi auf die E75 abbogen. Die Straße wurde schmaler, sie führte durch ebene Birkenwälder, nur ab und zu unterbrochen durch einen kleinen See oder eine Wiese auf der Heidekräuter blühten. Der Verkehr ließ schlagartig nach, nur sehr selten kam uns ein Fahrzeug entgegen. In Finnland darf man auch 100 auf der Landstraße fahren, wir „rasten“ also mit ca. 110 laut Navi die schnurrgerade Straße entlang. Die eintönige Landschaft hat dabei einen besonderen Reiz für mich. An den Wasserflächen sahen wir viele Graureiher. Und wir fuhren an den von Yari angekündigten festinstallierten Blitzer vorbei, man sieht die Teile wirklich schon von Weitem und geht kurz vom Gas.
In Rovaniemi mussten wir zum dritten Mal an diesem Tag tanken. Hier konnten wir wieder in Euros bezahlen, die ungewohnten schwedischen Kronen versteckten wir im hinteren Fach der Geldbörse. Wir werden sie erst in über einer Woche wieder brauchen. Nach dem Tanken stehen wir bei unseren Mopeds und essen noch eine Kleinigkeit. Plötzlich hören wir ein blechernes Kreischt neben uns. Ein riesengroßes nigelnagelneues Campingmonster ist am Tankstellendach hängengeblieben. Das halbjunge dynamische  Familienoberhaupt wollte zwischen  Zapfsäulen und Tankstellengebäude  durchfahren und hat dabei die Höhe und die Länge seines fahrenden Palastes unterschätzt. Nun ist in der blendend weißen Fläche des Alkovens (Moment, kurz googeln – ja Schreibweise stimmt) eine tiefe blaue Kerbe, fast einen Meter lang. Da wird sich die Versicherung freuen. So etwas kann uns nicht passieren, wenn wir ein Kratzer im Haus haben können wir das mit etwas Klebeband flicken. (Das Zelt ist gemeint).
Unsere rote Hütte, die Dritte? Oder Vierte? ....
 Rovaniemi ist nicht erwähnenswert, normale größere Stadt. Die junge Dame im TomTom führte uns zum ersten ausgewählten Campingplatz. Er sah in Realität so gut aus wie im Internet, hatte freie Hütten( natürlich in Rot) und die Umgebung war nett. Also wie üblich die Plastikkarte über den Tresen geschoben und der Hüttenschlüssel war unser.  Hinter den Hütten sah man einen See – die Abendbeschäftigung war also gesichert.
Kurz vor dem Campingplatz führen wir an einem sehr großen Einkaufstempel vorbei. Die Taschen/Koffer/Säcke wurden schnell abgebaut und in die Hütte geworfen. Mit nur leichtem Marschgepäck (Tankrucksack) fuhren wir in den Tempel um uns Abendbrot und Frühstück zu besorgen. Der Laden war wirklich riesig und das Angebot umfasste neben Futter alles was man zum Leben braucht, von der Nagelschere bis zur Kettensäge. Ich war auf meiner Suche nach einem dünnen Halsschutz bisher noch nicht fündig geworden. Hier gab es natürlich auch so etwas, ein blaues Buff-Imitat für 9,99€ - das ist meins! 
Das sind Makkaroni, oder auf finnisch Lihamakaronilaatikko
 Die Sprache der Finnen erstaunte uns sehr, hörte sich komisch an und geschrieben sah es noch lustiger aus.
Die Auswahl war wieder mal zu groß für uns, vor Schreck nahmen wir wieder jeder eine Tiefkühlpizza mit. Dafür gabs aber noch leckere Brötchen und Marmelade fürs Frühstück.
Gegenüber dem Sandstrand ist eine Insel
Bad im Fluß am Polarkreis
Harte Kerle... ;-)
Wieder im heutigem Zuhause angekommen packten wir unsere Sachen aus und verwandelten den Räum ins übliche Chaos. Der See war nur 100m entfernt. Es gab einen richtigen Sandstrand, manche Camper standen direkt am Wasser. Wir sprangen in den See…nein wir gingen langsam in den See hinein, die Wassertemperatur war beträchtlich kälter als gestern. Immerhin waren wir schon am Polarkreis angelangt. Die Strömung in dem See war erstaunlich hoch, wahrscheinlich war es doch ein Fluss! (Später in der Hütte stellten wir fest: Das Ding heißt Kemijoki  und ist mit 550 Kilometern der längste Fluss Finnlands.) 
Lecker Abendbrot...

Nur ein kleiner Teil der Hütten ist belegt
 Nach 10 Minuten im kühlen Nass waren wir genug erfrischt, die Pizzen warteten auf uns. Der Herd in der Hütte war gerade groß genug für eine Pizza, wir aßen also in Etappen. Geschmeckt hat es, aber morgen müssen wir bei der Wahl der Nahrung etwas kreativer sein.

Planung der morgigen Strecke per Handy
Als Tagesabschluss wurde die morgige Tour geplant. Wir könnten zwar direkt zum Nordkap fahren, aber Svenjas Abstecher nach Kirkenes hat uns so gut gefallen das wir dort auch hin wollen. Wir finden mit den Handys ein paar Campingplätze und geben den Besten schon mal in die Navis ein.
Mit einer warmen Dusche und einem kühlen Whisky beenden wir den Tag.
Am Abend ging noch eine Entenfamilie spazieren.



                                                   

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