Nordmaling nach Rovaniemi ca. 570km |
Früh ohne Wecker munter werden, anziehen, Kaffee kochen, Frühstücken, Sachen zusammen packen, Pferde satteln, Moppedzeug anziehen und dann losfahren…wir haben unseren Rhythmus gefunden und funktionieren und harmonieren wie ein altes Ehepaar.
Wetter ist leicht durchwachsen, Wolken am Himmel aber ab
und zu lugt die Sonne raus. Laut Wetterbericht könnte es heute aber nochmal
etwas feucht werden.
Wir fahren durch Nordmaling wieder auf die große Straße
in Richtung Norden. Weiter am Bottnischen Meerbusen entlang geht’s es über
Umae, Skelleftea und Lulea zur finnischen Grenze. In Finnland wollen wir noch
weiter bis nach Rovaniemi. Gestern haben wir uns mehrere Campingplätze
rausgesucht die vernünftig aussahen.
Auf Finnland freue ich mich sehr. Norwegen kenne ich ja
von der letzten Tour, und Schweden soll so ähnlich wie Norwegen nur ohne
Landschaft sein. Aber bei Finnland bin ich neugierig wie das Land so ist. Was
ich von Finnland weiß: Wenig Menschen, sehr viel Wald und viele Seen, und
Mücken ohne Ende. Und der Finne an sich sieht komisch aus, trinkt Wodka pur und
sitzt ständig in der heißen Sauna.
Aber vor der finnischen Offenbarung müssen wir erst
einmal die letzten paar hundert Kilometer schwedische Autobahn hinter uns
bringen. Die Landschaft steigert sich langsam, sie wird rauer und etwas
interessanter. Gestern sind mir schon viele Pkws mit zusätzlichen Scheinwerfern
vorne aufgefallen. Der Trend verstärkt sich heute. Ganz normale Fahrzeuge
(Passat, kleine Volvos usw.) haben vorne zwischen den normalen Scheinwerfern
zwei, drei oder sogar vier richtig große Zusatzscheinwerfer installiert. Im
hellen Sommer sind sie wahrscheinlich nutzlos, aber im dunklen Winter machen
sie die Nacht zum Tag.
Kurz vor dem Mittag gibt es kurz etwas Nieselregen. Nach einer regenfreien Stunde wird es dann am
Horizont immer dunkler und wir ziehen zur Sicherheit unsere Regenjacken an. Da
vorne tobt das schönste Wetterchaos und wir fahren wie üblich volle Kanne rein.
Es wird dunkler um uns herum und ein
sanfter Regen setzt ein. Meine neue KTM hat angeblich 6 CPUs integriert, eine
davon blendet auch die Lufttemperatur im Cockpit an. Diese Anzeige zeigte jetzt
das erste Mal unter 20°C an. Nach ein
paar Minuten geht es dann richtig los, riesengroße Regentropfen
prasseln…schlagen in einer noch nie erlebten Intensität auf uns ein. Sie
trommeln auf unsere Helme und prasseln auf unseren restlichen Körper – so
schlimm haben wir Regen noch nie erlebt. Man spürt jeden einzelnen Tropfen
durch die Kombi auf der Haut. Die Sicht ist sehr schlecht und das Wasser steht zentimeterhoch
auf der Straße weil es nicht so schnell ablaufen kann wie es runterregnet. Die
Autos vor uns kriechen mit 30..40 über die Straße. Wenn es etwas zum Unterstellen
da gewesen wäre (Brücke, Vordach, Bushaltestelle…) hätten wir angehalten, aber
in der nordschwedischen Einöde gab es nichts dergleichen. Also Pobacken
zusammenkneifen und weiterfahren.
Der Platzregen weckte böse Erinnerungen in mir. Letztes
Jahr in Schottland standen wir nach einem nicht so schlimmen Regen zwei Tage in
James Werkstatt rum und es ging nicht weiter. Ich malte mir schon aus wie es
wird wenn Marc plötzlich langsamer wird und den rechten Blinker setzt… Das
Gepäck reduzieren und zu zweit auf der KTM die über 1.000 km bis zum Nordkap
fahren…? Wäre ja zu peinlich wenn wir es nicht bis zum Ziel schaffen würden.
Aber nach dem Schottland-Desaster hatten wir an den Emmen
die Wasserablaufbohrung unter der Elektrik vergrößert und Marc hatte jetzt eine
günstigere Gepäcktasche auf dem Heck – vielleicht reichen ja diese Maßnahmen um
den zweiten Wasserschaden zu entgehen. Hoffentlich, hoffentlich!
Und wirklich, das Glück war diesmal auf unserer Seite.
Wie ein Bienchen (oder eher eine Hummel) trieb der 1000er Motor die MZ Richtung
Norden durch den Platzregen voran. Und nach einer halben Stunde erschien vor uns
der sprichwörtliche Silberstreif an Horizont. Es wurde heller und der Regen
ließ merklich nach und hörte nach ein paar Minuten ganz auf. Puh, das hätten
wir überstanden! Beim kurz danach stattfinden Tankstopp baute Marc das Gepäck
vom Heck der MZ ab und wir entfernten die Sitze um zu schauen ob Wasser in den
kritischen Bereich eingedrungen war. Wo vor einem Jahr noch das Wasser
zentimeterhoch stand war jetzt alles staubtrocken. Starker Regen war jetzt also
kein Problem mehr für die Emme. Diese große Sorge waren wir also los und es
ging entsprechend relaxter weiter Richtung finnische Grenze. Jetzt hält uns
nichts mehr auf, Nordkap wir kommen! (Auf Holz klopfend.)
Nordschweden, Postkartenidylle |
Nordschweden, Postkartenidylle, andere Perspektive |
Bei der nächsten nötigen Tankstelle sahen wir neben der
Straße einen kleinen Hafen mit einem schönen Leichtturm. Wir liefen das kleine
Stück rüber zum Hafen, so sehr nett aus!
Vollgetankt und bereit für die nächsten 200 Kilometer |
Weiter ging es durch die letzten schwedischen Städte.
Kalix und Haperanda blieben uns als sehr hübsche Städte in Erinnerung. Direkt
hinter dem schwedischen Haperanda liegt
das finnische Tornio. Man fährt durch städtisches Gebiet, plötzlich kommt eine
Blechtafel, 2..3 Fahnen und man ist in Finnland. Früher hat eine Landesgrenze
viel mehr her gemacht. Wenn ich an den Berlinbesuch als Kind zurück denke, als
ich vor dem schwerbewachten Brandenburger Tor stand… Aber gut dass diese Zeiten
vorbei sind, den damals stand ich auf der falschen Seite der Grenze.
Finnische Landstraße, Blick nach links... |
Und finnische Landstraße, Blick nach rechts |
MZ in Finnland, läuft wie ein Bienchen |
Und die KTM spielt auch noch mit |
Kurze Pause |
Zurück zu Finnland, die Landschaft veränderte sich als
wir vor Keminmaa von der Ostseeküste ins Landesinnere Richtung Rovaniemi auf
die E75 abbogen. Die Straße wurde schmaler, sie führte durch ebene
Birkenwälder, nur ab und zu unterbrochen durch einen kleinen See oder eine
Wiese auf der Heidekräuter blühten. Der Verkehr ließ schlagartig nach, nur sehr
selten kam uns ein Fahrzeug entgegen. In Finnland darf man auch 100 auf der
Landstraße fahren, wir „rasten“ also mit ca. 110 laut Navi die schnurrgerade
Straße entlang. Die eintönige Landschaft hat dabei einen besonderen Reiz für
mich. An den Wasserflächen sahen wir viele Graureiher. Und wir fuhren an den
von Yari angekündigten festinstallierten Blitzer vorbei, man sieht die Teile
wirklich schon von Weitem und geht kurz vom Gas.
In Rovaniemi mussten wir zum dritten Mal an diesem Tag
tanken. Hier konnten wir wieder in Euros bezahlen, die ungewohnten schwedischen
Kronen versteckten wir im hinteren Fach der Geldbörse. Wir werden sie erst in
über einer Woche wieder brauchen. Nach dem Tanken stehen wir bei unseren Mopeds
und essen noch eine Kleinigkeit. Plötzlich hören wir ein blechernes Kreischt
neben uns. Ein riesengroßes nigelnagelneues Campingmonster ist am
Tankstellendach hängengeblieben. Das halbjunge dynamische Familienoberhaupt wollte zwischen Zapfsäulen und Tankstellengebäude durchfahren und hat dabei die Höhe und die
Länge seines fahrenden Palastes unterschätzt. Nun ist in der blendend weißen
Fläche des Alkovens (Moment, kurz googeln – ja Schreibweise stimmt) eine tiefe
blaue Kerbe, fast einen Meter lang. Da wird sich die Versicherung freuen. So
etwas kann uns nicht passieren, wenn wir ein Kratzer im Haus haben können wir
das mit etwas Klebeband flicken. (Das Zelt ist gemeint).
Unsere rote Hütte, die Dritte? Oder Vierte? .... |
Rovaniemi ist nicht erwähnenswert, normale größere Stadt.
Die junge Dame im TomTom führte uns zum ersten ausgewählten Campingplatz. Er
sah in Realität so gut aus wie im Internet, hatte freie Hütten( natürlich in
Rot) und die Umgebung war nett. Also wie üblich die Plastikkarte über den
Tresen geschoben und der Hüttenschlüssel war unser. Hinter den Hütten sah man einen See – die
Abendbeschäftigung war also gesichert.
Kurz vor dem Campingplatz führen wir an einem sehr großen
Einkaufstempel vorbei. Die Taschen/Koffer/Säcke wurden schnell abgebaut und in
die Hütte geworfen. Mit nur leichtem Marschgepäck (Tankrucksack) fuhren wir in
den Tempel um uns Abendbrot und Frühstück zu besorgen. Der Laden war wirklich
riesig und das Angebot umfasste neben Futter alles was man zum Leben braucht,
von der Nagelschere bis zur Kettensäge. Ich war auf meiner Suche nach einem
dünnen Halsschutz bisher noch nicht fündig geworden. Hier gab es natürlich auch
so etwas, ein blaues Buff-Imitat für 9,99€ - das ist meins!
Das sind Makkaroni, oder auf finnisch Lihamakaronilaatikko |
Die Sprache der Finnen erstaunte uns sehr, hörte sich
komisch an und geschrieben sah es noch lustiger aus.
Die Auswahl war wieder mal zu groß für uns, vor Schreck
nahmen wir wieder jeder eine Tiefkühlpizza mit. Dafür gabs aber noch leckere
Brötchen und Marmelade fürs Frühstück.
Gegenüber dem Sandstrand ist eine Insel |
Bad im Fluß am Polarkreis |
Harte Kerle... ;-) |
Wieder im heutigem Zuhause angekommen packten wir unsere
Sachen aus und verwandelten den Räum ins übliche Chaos. Der See war nur 100m
entfernt. Es gab einen richtigen Sandstrand, manche Camper standen direkt am
Wasser. Wir sprangen in den See…nein wir gingen langsam in den See hinein, die
Wassertemperatur war beträchtlich kälter als gestern. Immerhin waren wir schon
am Polarkreis angelangt. Die Strömung in dem See war erstaunlich hoch,
wahrscheinlich war es doch ein Fluss! (Später in der Hütte stellten wir fest: Das
Ding heißt Kemijoki und ist mit 550
Kilometern der längste Fluss Finnlands.)
Lecker Abendbrot... |
Nur ein kleiner Teil der Hütten ist belegt |
Nach 10 Minuten im kühlen Nass waren wir genug erfrischt,
die Pizzen warteten auf uns. Der Herd in der Hütte war gerade groß genug für
eine Pizza, wir aßen also in Etappen. Geschmeckt hat es, aber morgen müssen wir
bei der Wahl der Nahrung etwas kreativer sein.
Planung der morgigen Strecke per Handy |
Als Tagesabschluss wurde die morgige Tour geplant. Wir
könnten zwar direkt zum Nordkap fahren, aber Svenjas Abstecher nach Kirkenes
hat uns so gut gefallen das wir dort auch hin wollen. Wir finden mit den Handys
ein paar Campingplätze und geben den Besten schon mal in die Navis ein.
Mit einer warmen Dusche und einem kühlen Whisky beenden
wir den Tag.
Am Abend ging noch eine Entenfamilie spazieren. |
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